ZUR HAFTUNG WEGEN FEHLERHAFTER GESTALTUNGSBERATUNG

Weist ein neuer steuerlicher Berater den Mandanten auf eine fehlerhafte steuerliche Gestaltungsberatung des vormaligen Beraters hin und ergreift der Mandant Maßnahmen, die ihm zur Beseitigung der Folgen der fehlerhaften Beratung empfohlen worden sind, beginnt die Verjährung des durch die weitere Beratung entstandenen Kostenschadens spätestens mit der Bezahlung der Leistungen des neuen Beraters; mit einem späteren, aufgrund der fehlerhaften Gestaltungsberatung noch entstehenden Steuerschaden bildet der Kostenschaden eine Schadenseinheit
(BGH, Urteil vom 23.04.2015 – IX ZR 176/12).


Hintergrund: Nach dem Grundsatz der Schadenseinheit ist der Verjährungsbeginn des ersten aus einer schädigenden Handlung folgenden Schadens zugleich maßgebend für die Verjährung aller übrigen aus derselben schädigenden Handlung resultierenden vorhersehbaren Schäden, mögen sie auch unter Umständen erst viele Jahre später eintreten und bei dem Geschädigten zunächst noch zu keiner konkreten Vermögenseinbuße führen (BGH, Urteil vom 03.12.1992 – IX ZR 61/92).

Sachverhalt: Zwischen der Klägerin und einer GmbH bestand eine gewerbesteuerliche Organschaft. Die Klägerin eröffnete in N. eine Betriebstätte, um den dortigen niedrigen Gewerbesteuerhebesatz in Anspruch nehmen zu können. Ende des Jahres 2001 riet die Beklagte dazu, die gewerbesteuerliche Organschaft aufzuheben. Damit sollte erreicht werden, den der Gewerbesteuer unterliegenden Ertrag der Klägerin in N. und den der GmbH in S. zu versteuern. Hierzu wurde die GmbH in eine GmbH & Co. KG umgewandelt. Für die Umwandlung entstanden Kosten i. H. von ca. 20.000 Euro. 2003 wechselte die Klägerin ihren steuerlichen Berater. Der neue Berater wies darauf hin, dass die empfohlene Gestaltung ungeeignet war, weil eine Mitunternehmerschaft begründet worden und dadurch ein gewerbesteuerlich ebenfalls in S. zu erfassendes Sonderbetriebsvermögen der Klägerin bei der KG entstanden war. Auf Anraten des neuen Beraters wurde die KG aufgelöst. Für seine Beratungstätigkeit erteilte der neue Berater eine erste Rechnung, die am 17.07.2003 bezahlt wurde. Zwischen April 2005 und Januar 2006 fand eine steuerliche Außenprüfung der Klägerin statt. Infolge der Außenprüfung kam es ab Juni 2006 zur Neufestsetzung der Gewerbesteuer für die Erhebungszeiträume 2001 bis 2003, die den eigentlichen Steuerschaden begründete. Im September 2006 erhob die Klägerin Klage.

Hierzu führte der BGH weiter aus:

- Nach § 68 StBerG a. F. ist der Anspruch der Klägerin auf Ersatz der Umwandlungskosten sowie der Kosten des neuen Beraters verjährt.

- Die nach § 68 StBerG a. F. maßgebliche Schadensentstehung ist anzunehmen, wenn der Schaden wenigstens dem Grunde nach erwachsen ist, mag seine Höhe noch nicht beziffert werden können. Unkenntnis des Schadens und damit des Ersatzanspruchs hindert den Verjährungsbeginn nicht.

- Ist dagegen noch offen, ob ein pflichtwidriges, mit einem Risiko behaftetes Verhalten zu einem Schaden führt, ist ein Ersatzanspruch noch nicht entstanden, sodass eine Verjährungsfrist noch nicht in Lauf gesetzt wird. Ein Steuerschaden ist demnach grds. noch nicht entstanden, solange es am Zugang des belastenden Steuerbescheids fehlt. Bis zu diesem Zeitpunkt hängt seine Entstehung noch von vielen ungewissen Umständen ab.

- Hingegen besteht kein sachlicher Grund, den Beginn der Verjährung trotz bereits verschlechterter Vermögenslage auf die Bekanntgabe des belastenden Steuerbescheids hinauszuschieben, wenn der Mandant von einer steuerlichen Pflichtverletzung schon durch seinen neuen Steuerberater Kenntnis erlangt und Kosten auslösende Maßnahmen ergreift, die ihm zur Beseitigung der Folgen der vorausgegangenen Pflichtverletzung angeraten worden sind.

- Für die hier in Rede stehenden Schäden wurde die Verjährungsfrist des § 68 StBerG a. F. daher spätestens am 17.07.2003 in Lauf gesetzt, als die erste Rechnung für die zur Rückgängigmachung der fehlerhaft angeratenen Gestaltung erforderliche Beratung an den neuen Steuerberater bezahlt worden war. Abgelaufen war diese Frist demnach am 17.07.2006.

- Nach dem Grundsatz der Schadenseinheit erfasst die eingetretene Verjährung auch den erst später entstandenen Steuerschaden. Der aus einem bestimmten Verhalten erwachsende Schaden ist in der Regel als ein Ganzes aufzufassen. Es gilt daher eine einheitliche Verjährungsfrist, wenn schon beim Auftreten des ersten Schadens bei verständiger Würdigung mit weiteren wirtschaftlichen Nachteilen gerechnet werden kann.

- Für einen Steuerschaden gelten keine Besonderheiten. Er muss nicht durch Zugang eines belastenden Steuerbescheids entstanden, sondern nur bei verständiger Würdigung voraussehbar sein.

Anmerkung: Die Entscheidung macht deutlich, dass die Verjährung wegen Ansprüchen aufgrund von steuerlicher Falschberatung nicht stets erst dann beginnt, wenn der Steuerbescheid zugegangen ist. Ist ein Beratungsfehler identifiziert und eine Verschlechterung der Vermögenslage bereits eingetreten, ist der Verjährungsbeginn nicht auf die Bekanntgabe des belastenden Steuerbescheids hinauszuschieben. Dies gilt zumindest dann, wenn der Mandant von einer steuerlichen Pflichtverletzung durch seinen neuen Steuerberater informiert worden ist und seinerseits bereits kostenbegründende Maßnahmen ergriffen hat, um die Folgen des ursprünglichen Beratungsfehlers zu beseitigen.

Hinweis: Der hier zu beurteilende Sachverhalt erstreckt sich zeitlich von der Erteilung des Beratungsmandats Ende 2001 bis zur Neufestsetzung von Gewerbesteuer und Nachzahlungszinsen ab Juni 2006. In diesen Zeitraum fällt das Gesetz zur Anpassung von Verjährungsvorschriften an das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts. Der Beginn der Verjährung richtet sich für den Zeitraum vor dem 15.12.2004 jedoch nach dem Steuerberatungsgesetz in der bis zu diesem Tag geltenden Fassung, mithin nach § 68 StBerG a. F. (Art. 229 § 12 Abs. 1 i.V.m. § 6 Abs. 1 Satz 2 EGBGB). Den Text der o. g. Entscheidung finden Sie auf den Internetseiten des BGH.