STEUERERSPARNIS EINES ANGEHÖRIGEN

Nachteile, welche der Mandant infolge einer fehlerhaften steuerlichen Beratung erleidet, werden nur dann durch die hiermit bewirkte Steuerersparnis eines Angehörigen oder eines sonstigen Dritten ausgeglichen, wenn dessen Interessen nach dem Beratungsvertrag in die Beratung einbezogen werden sollten
(BGH, Urteil vom 5.2.2015 – IX ZR 167/13).

Hintergrund:
Die Schadensberechnung richtet sich nach §§ 249 f. BGB. Erforderlich ist ein sog. Gesamtvermögensvergleich. Dabei geht es um eine Gegenüberstellung der hypothetischen und der tatsächlichen Vermögenslage. Bezugspunkt des Gesamtvermögensvergleichs ist grds. das Vermögen des Geschädigten, nicht dasjenige Dritter. Ausnahmen von diesem Grundsatz machte die Rechtsprechung bisher insbesondere im Zusammenhang mit der Übertragung von Vermögenswerten an Familienangehörige (vgl. BGH, Urteil v. 20.3.2008 – IX ZR 104/05, m.w.N.).

Sachverhalt: Die beklagte Mandantin beauftragte den klagenden Steuerberater, sie bei der Übertragung ihres Betriebs auf ihren Sohn steuerlich zu beraten. Infolge der Beratung übertrug sie den Betrieb entgeltlich auf ihren Sohn. Als „Gegenleistung“ hatte der Sohn eine lebenslange monatliche Rente zu zahlen. 2009 rechnete der klagende Steuerberater für die von ihm erbrachten Leistungen ein Honorar ab. Die Beklagte zahlte darauf einen Teilbetrag. Sie rechnete den Restanspruch mit Schadensersatzansprüchen wegen Falschberatung auf. Die Vorinstanz würdigte den Streitfall dahingehend, dass dem Kläger zwar ein Beratungsfehler unterlaufen sei, weil er nicht auf die Möglichkeit hingewiesen habe, den Betrieb im Wege der vorweggenommenen Erbfolge unentgeltlich auf den Sohn zu übertragen. Im Ergebnis sei jedoch kein Schaden entstanden. Im Rahmen des Gesamtvermögensvergleichs seien der steuerlichen Belastung der beklagten Mandantin diejenigen steuerlichen Vorteile gegenüber zu stellen, welche der Sohn erlangt habe. Dessen Steuerersparnis übersteige die Klageforderung.

Hierzu führte der BGH weiter aus:

- Gewerbetreibende sind oft bereit, Familienangehörige ohne gleichwertige Gegenleistung an ihrem Unternehmen zu beteiligen, insbesondere dann, wenn hiermit eine steuerliche Entlastung der Familie verbunden ist. In einer solchen Vermögensverschiebung kann jedenfalls dann kein Schaden im Rechtssinn, in ihrem Unterbleiben kein mit dem Steuerschaden verrechenbarer Vermögensvorteil gesehen werden, wenn sie – etwa im Interesse der Steuerersparnis – gewollt und gewünscht ist (vgl. BGH, Urteil v. 20.3.2008 – IX ZR 104/05).

- An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest. Eine konsolidierte Schadensberechnung hat dann, aber auch nur dann zu erfolgen, wenn die Einbeziehung der Vermögensinteressen des oder der jeweiligen Verwandten oder sonstigen Dritten nach dem Inhalt des Beratungsvertrages geschuldet war.

- Ob dies der Fall war, richtet sich nach dem Auftrag, welchen der Mandant dem Berater ausdrücklich oder den Umständen nach erteilt hat.

Anmerkung: Im Streitfall kommt es demnach entscheidend auf den Inhalt des dem Kläger erteilten Auftrags an, zu dem die Parteien hier unterschiedliche Ausführungen gemacht haben. Darlegungs- und beweispflichtig für den Inhalt des erteilten Auftrags ist nach allgemeinen Grundsätzen die Mandantin, die Schadensersatzansprüche aus der Verletzung der durch diesen Vertrag begründeten Pflichten herleitet (s. hierzu BGH, Urteil v. 20.6.2006 – IX ZR 47/04). Einen Erfahrungssatz des Inhalts, dass der Mandant stets eigennützig handelt, gibt es nach Ansicht des BGH nicht, insbesondere dann nicht, wenn es um die Übertragung von Vermögenswerten innerhalb einer Familie geht. Der BGH wies den Streitfall aber dennoch zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurück. Das Berufungsgericht sei bisher u.a. dem unter Beweis gestellten Vortrag der beklagten Mandantin nicht in ausreichendem Umfang nachkommen.