HAFTUNG DES STEUERBERATERS BEI VERSÄUMTEM EINSPRUC

Versäumt der Steuerberater schuldhaft die rechtzeitige Einspruchserhebung gegen den Steuerbescheid, schuldet er seinem Mandanten Schadensersatz und hat diesen in finanzieller Hinsicht so zu stellen, wie er stünde, wenn der Einspruch fristgemäß eingelegt worden wäre. Bei der Berechnung der Schadenshöhe ist nicht entscheidend, was zwischen den Parteien beabsichtigt war, sondern welche steuerlich günstigste Möglichkeit dem Mandanten zur Verfügung gestanden hätte, wenn der Einspruch rechtzeitig erfolgt wäre
(LG Mannheim, Urteil vom 2.9.2014 – 1 O 113/13).


Hintergrund: Nach § 249 Abs. 1 BGB hat der zum Schadensersatz verpflichtete den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Der Steuerberater, der seinem Auftraggeber zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat diesen durch die Schadensersatzleistung so zu stellen, wie er bei pflichtgemäßem Verhalten des Beraters stünde. Danach muss im Rahmen der Differenzmethode die tatsächliche Vermögenslage derjenigen gegenübergestellt werden, die sich ohne den Fehler des Steuerberaters ergeben hätte. Das erfordert einen Gesamtvermögensvergleich, der alle von dem haftungsbegründenden Ereignis betroffenen finanziellen Positionen umfasst. Es geht bei dem Gesamtvermögensvergleich nicht um Einzelpositionen, sondern um eine Gegenüberstellung der hypothetischen und der tatsächlichen Vermögenslage (vgl. BGH, Urteil vom 17.3.2011 – IX ZR 162/08, m. w. N.).

Sachverhalt: Im Streitfall war infolge der Bestandskraft eine gleichmäßige Verteilung des Erhaltungsaufwands für Wohngebäude (§ 82 Abs. 1 EStDV) auf zwei (statt auf fünf) Jahre zum Zweck des Bezugs der Eigenheimzulage nicht (mehr) möglich.

Hierzu führte das Landgericht weiter aus:

- Der Beklagte hat schuldhaft eine Pflicht aus dem zwischen den Parteien bestehenden Dienstvertrag verletzt und ist gemäß § 280 Abs. 1 BGB zum Ersatz des dadurch entstandenen Schadens verpflichtet.

- Bei einem verspäteten Einspruch gegen einen Steuerbescheid durch den Steuerberater ist der Mandant in finanzieller Hinsicht so zu stellen, wie er stehen würde, wenn der Steuerberater die Frist nicht versäumt hätte.

- Bei der Berechnung der Schadenshöhe ist nicht in erster Linie entscheidend, was zwischen den Parteien beabsichtigt war, sondern welche steuerlich günstigste Möglichkeit für den Mandanten bestanden hätte, wäre der Einspruch noch fristgerecht erfolgt.

- Im Rahmen des erteilten Auftrags hat der Steuerberater die steuerlichen Interessen seines Mandanten umfassend wahrzunehmen und den für seinen Mandanten sichersten Weg (hier: Gleichmäßige Verteilung des Erhaltungsaufwandes für Wohngebäude nach § 82 b Abs. 1 Satz 1 EStDV auf zwei Jahre zur Erlangung der Eigenheimzulage) zu wählen. Die Einkommensgrenze nach § 5 Satz 1 EigZulG a. F. von 81.807,00 Euro wäre dann nicht überschritten worden.

Anmerkung: Das Gericht sah im Streitfall auch aufgrund möglicher steuerlicher Kenntnisse des Mandanten keinen Anlass zur Annahme von Mitverschulden. Denn selbst wenn ein Mandant über steuerliche Kenntnisse verfügt, dürfe er darauf vertrauen, dass der beauftragte Berater die anstehenden steuerlichen Fragen fehlerfrei bearbeitet, ohne selbst eine Kontrolle durchführen zu müssen, sodass der Einwand, „der Mandant habe sich auf die Beratung verlassen und dadurch ein Mangel an Sorgfalt gezeigt“ nicht durchgreifen konnte.