KEINE HAFTUNG BEI NICHTANSETZUNG ZWEITMARKTWERTS

Setzt ein Steuerberater im Rahmen einer Erbschaftsteuererklärung hinsichtlich der Beteiligung an einem geschlossenen vermögensverwaltenden Immobilienfonds nicht einen Zweitmarktwert an, liegt hierin keine haftungsrelevante Pflichtverletzung, wenn der Nachweis eines niedrigeren als den von der Fondsgesellschaft selbst ermittelten Werts nur durch ein Sachverständigengutachten (über das betreffende Objekt) hätte erbracht werden können
(LG Duisburg, Urteil vom 06.10.2014 – 2 O 45/12; rechtskräftig).


Hintergrund: Unter dem Zweitmarkt für geschlossene Fonds versteht man einen Markt, in dem Gesellschaftsanteile (in der Regel Kommanditanteile) an bestehenden geschlossenen Fonds während der Laufzeit gehandelt werden.

Sachverhalt: Die Klägerin beauftragte eine Steuerberatergesellschaft mit der Erstellung einer Erbschaftssteuererklärung. Das von der Klägerin erzielte Erbe umfasste diverse Fondsbeteiligungen. Bei diesen Fonds handelte es sich um geschlossene Immobilienfonds, die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielten und damit vermögensverwaltend und nicht gewerblich tätig waren. Für die streitgegenständlichen Fonds setzte die Beklagte Werte in die Erbschaftssteuererklärung ein, nachdem sie sich bei der Betreibergesellschaft der Fonds nach den auf den Stichtag bezogenen steuerlichen Wertverhältnissen erkundigte. Zweitmarktwerte fragte die Beklagte nicht ab. Die Klägerin behauptet später, dass für die Fonds ein Zweitmarktwert bestanden habe, der sich auf 35 Prozent bzw. auf 40 Prozent des Nominalwertes belaufen habe. Die Beklagte hätte daher für die beiden Fonds den jeweiligen Zweitmarktwert berücksichtigen müssen. Ihr, der Klägerin, sei dadurch ein Steuerschaden von insgesamt ca. 10.000 Euro entstanden.

Hierzu führte das Landgericht weiter aus:

- Ein Anspruch steht der Klägerin nicht zu, weil es an einer Pflichtverletzung aus dem Mandat über eine steuerberatende Tätigkeit fehlt. Der Vorwurf, die Beklagte habe anstelle der von der Fondsgesellschaft eingeholten Werte die von der Klägerin angeführten Zweitmarktwerte ansetzen müssen, greift nicht durch.

- Ein Zweitmarktwert konnte im Streitfall überhaupt nicht in Ansatz gebracht werden. Dieser ist nämlich nicht geeignet, einen Nachweis über einen niedrigeren Verkehrswert als den durch die Mitteilung der Fondsgesellschaft festgestellten Steuerwert zu ermitteln.

- Der Nachweis eines niedrigeren als des vom Fonds selbst ermittelten Werts kann nur durch ein Sachverständigengutachten über das betreffende Objekt erbracht werden. In Ermangelung eines solchen ist es aus steuerberaterlicher Sicht nicht zu beanstanden, dass von der Fondsgesellschaft mitgeteilte Werte übernommen werden und eine Bewertung anhand des Bewertungsgesetzes und Erbschaftsteuer- und Schenkungssteuergesetzes erfolgt.

- Es entspricht auch höchstrichterlicher Rechtsprechung, dass der Nachweis eines niedrigeren Wertes eines Grundstücks nur durch Sachverständigengutachten erbracht werden kann (BFH, Urteil vom 11.9.2013 – II R 61/11 Rn. 31). Für den Fall der Bewertung eines geschlossenen Immobilienfonds kann nach Auffassung des Gerichts daher nichts anderes gelten.

Anmerkung: Selbst wenn eine Pflichtverletzung der Beklagten vorgelegen hätte, dürfte ein Anspruch der Klägerin im Ergebnis ausscheiden. Sie dürfte dann nämlich in einem so gravierenden Maße gegen ihre Schadensminderungspflicht nach § 254 Abs. 2 BGB verstoßen haben, dass ein etwaiger Anspruch auf Null reduziert wäre, so das Landgericht weiter. Ein solcher Verstoß läge hier darin, dass sie es unterlassen habe, eine weitere Korrektur der von ihr beanstandeten Steuerbescheide zu verfolgen. Dies dürfte ihr aber im weiteren Verlaufe des bei Beendigung des Mandates noch nicht abgeschlossenen Rechtsbehelfsverfahrens möglich gewesen sein. Wenn die Klägerin trotz der offensichtlich schwierigen steuerrechtlichen Fragen es unterlassen habe, sich insoweit unmittelbar steuerrechtlich beraten zu lassen, dann könne dies nicht zulasten der Beklagten gehen.